Der Hohenstoffel

Wandern in des Herrgotts Kegelspiel: Der Hohenstoffel

Autobahn A 81, Raststätte Hegau kurz vor der Ausfahrt Engen.

Hier müsste es gewesen sein vor etwa 14 Millionen Jahren, dass sich der liebe Gott, nachdem er die Welt erschaffen hatte, niedersetzte, ausruhte und zufrieden hinunter auf die weite Ebene sah. -  Die würde mal sein Hegau werden! Übermütig setzt er noch ein paar Tupfer hinein, die am Anfang zwar heftig fauchen und Basalt spucken, sich schließlich beruhigen und zu schönen, freundlichen Basaltkegeln erstarren um dem Land seine unverwechselbaren Gesichtszüge zu geben.  Ein richtiges „Wanderwunderland“ ist daraus geworden. Ludwig Finckh, der Heimatdichter, nennt den Hegau darum auch „des Herrgotts Kegelspiel“.

Samstag, 7. November 2020: Unser Corona-bedingtes ‚Minigrüpple‘ hat sich zum Wandern am Berg Hohenstoffel verabredet, dem Jüngsten im Hegauer Kegelbergland. Ludwig Finckh ist das Kunststück gelungen,  noch mitten in den Wirren des Zweiten  Weltkrieges Hermann Göhring zu überzeugen, diesen einzigartigen Berg, „den Stoffel“ (althochdeutsch: den kleinen Felsen), mit seinen zwei Gipfeln und den darüber thronenden Burgruinen  endgültig dem Basalt -Abbau  zu entreißen  und  unter Naturschutz zu stellen.

 In Binningen verlässt das Grüpple an einem alten Wegkreuz den Ort, folgt zunächst dem Burgenweg in Richtung Gipfel. Aber der Berg bleibt in dichten Nebel gehüllt; an Gräsern und Zweigen am Wegrand glitzern Wassertropfen.

Dann verschlucken Wald und Nebel die Wanderer. Die Bäume haben ihren herbstlichen „Striptease“ hinter sich, der Waldboden schläft unter seiner braunen Blätter-Decke.

Nach fast dreihundert Metern keuchendem Aufstieg kleine Pause, wieder unter einem Wegkreuz. Trinkend und essend stehen wir unter dem Schmerzensmann am Kreuz.  Man spürt fast, wie er an seinem Kreuz hängt und friert. Die Füße übereinander von einem dicken schwarzen Nagel durchbohrt. 

Weiter geht’s, die Wanderstiefel „schlurfen“ durch das Laub! Wieder verschluckt der Nebel die Gruppe. Dann geht es runter ins Tal, am Fuß des Stoffels durch das Dorf Weiterdingen. Nach ein paar Gehminuten am Ortsende   wieder ein Wegkreuz. 

  Endlich hat der Himmel ein Einsehen, lässt die Sonne durch den Nebel. Es öffnet sich ein weites Tal. Bis zum Horizont Felder, die im Sonnenlicht satt gelb leuchten! Raps? - Kein Raps!  Von umweltbewußten Bauern im Herbst eingesäter Senf, der bis in den November blüht, Grundwasser gefährdende Gülle ersetzt, den Boden durchwurzelt und durchlüftet, um im Frühjahr als sanfter Grün-Dünger untergepflügt zu werden. Nicht ganz ein Kilometer weiter wieder ein Feld mit gelben Blüten.  Sonnenblumen-Nachzügler im Bonsai-Format? –  Der Fotograf in der Gruppe kennt die fremden Schönen: „Das ist die „durchwachsene Silphie“ aus Amerika, aber das ist eine andere Geschichte…“

Elf Kilometer sind geschafft, die Augen wach, die Beine schwer! Am Horizont tauchen die ersten Dächer von Binningen auf!  

Texter und Fotograf: Giselher Sommer