Führung auf der Mainau

am Do 24.04.2025 mit Heide Trommer

Es begann alles im Zug während der Rückreise einer Wandergruppe des Konstanzer SWV (im Sept. 2024) aus Slowenien (Maribor) nach Deutschland (Konstanz). Unser 1. Vorstand Detlef Zilz ist bei jeder Wander-Veranstaltung bemüht, einen Sänger oder eine Sängerin für unseren „Weihnachts-Chor“ unter den Teilnehmern zu gewinnen. Diesmal war das Gespräch vom Chorgesang auf die Wanderführung umgeschlagen und zwar mit dem Ergebnis, dass unser Verein in Heide Trommer eine neue Wanderführerin gewonnen hat. Heide hat nicht nur die Aufgabe als Wanderführerin angenommen sondern hat dem Verein auch eine besondere Antritts-Gabe in Aussicht gestellt: eine kostenlose Führung durch die Insel Mainau. Denn sie ist eine Mainau-Kennerin und macht selbst Führungen durch das bekannte Garten- und Blumen-Paradies.

Wir, eine Schar von 23 Teilnehmern, fanden uns um 14.15 bei der Kasse vor der Brücke zur Insel ein. Gleich am Betreten der Brücke fällt der Blick auf ein historisches Zeugnis: das Mainauer Schwedenkreuz bzw. die Kreuzigungs-Gruppe aus Bronze, mit Figuren in Lebensgröße, wohl in der 2. Hälfte des 16. Jhs., ausgeführt. Im 30-jährigen Krieg (1618-1648) besetzten die Schweden die Insel und plünderten sie aus. Die Kreuzigungsgruppe, die bei der Schlosskirche gestanden sein soll, soll für den Abtransport – ob schon zu Wasser oder erst zu Lande am Berg zu Litzelstetten – zu schwer gewesen sein und so endete sie im See.

So zeigt sich die Mainau bereits am Betreten ihres Bodens nicht nur als Blumen-Insel, wie sie allgemein bekannt ist, sondern auch als Insel einer langen und wechselvollen Geschichte. Hinzu kommt, wie Heide es uns im Gange der Führung deutlich dargelegt hat, eine soziale Komponente, welche dem Grafen Lennart Bernadotte und seinen Nachfolgern am Herzen lag und liegt. Diese drei Stränge oder Dimensionen, die zur Kenntnis der Mainau gehören, Geschichte, Natur (im Sinne von Gartentechnik und Botanik) und Soziales bedingen sich gegenseitig, und Heide hat sie so miteinander verwoben, dass ein „Mainau-Teppich“ oder ein „Mainau-Kaleidoskop“ vor unseren physischen und geistigen Augen zugleich entstanden ist.

Die Geschichte

Auf der Insel wurden Werkzeuge aus der Vorgeschichte (Zeit vor den schriftlichen Zeugnissen) und aus der Frühgeschichte (Zeit der ersten schriftlichen Zeugnisse um 3000 v. Chr.) gefunden. Ebenso wurden Pfahlbausiedlungen aus der Jungsteinzeit (um 3000 v. Chr.) freigelegt.

In der Mitte des 1. Jts. (etwa um 400 v. Chr.) wurde die Mainau vermutlich von den Kelten, wohl von einem Stamm der Helvetier, besiedelt, denen die Insel einen natürlichen Schutz bot.

Es gibt Berichte, dass die Römer nach der Eroberung Rätiens (Gebiet zwischen Südost-Schwarzwald, Donau und Inn) im 1. Jh. n. Chr. auch Gebiete um den Bodensee herum, auf Befehl des Kaisers Augustus, eroberten. Im J. 15 n. Chr. soll der römische Feldherr Tiberius, ein Stiefsohn des Kaisers Augustus, eine „kleine Bodenseeinsel“ als Flottenstützpunkt genutzt haben. Das trifft mit der höchsten Wahrscheinlichkeit, noch vor der Insel Reichenau, auf die Insel Mainau zu. Kurzzeitig dürften die Römer auf der Insel ein Kastell und eine Schiffswerft ausgebaut haben.

Ab dem 4. Jh. n. Chr. bewohnten vermutlich die Alemannen die Insel. Siedlungsbelege bis zum Mittelalter gibt es nicht. Im 5. und 6. Jh. wurde die Mainau alemannisches Herzogsgut und später Teil eines fränkischen, von Bodman aus verwalteten Königsguts. Die Mainau wurde Rittersitz. In der zeitgenössischen Literatur wird die Insel als Mav(e)no(w), Maienowe (1242) bzw. Maienow (1357), Maienau, Mainowe (1394) und Mainaw (1580) erwähnt.

Nach der Gründung des Klosters Reichenau im J. 724 kam die Mainau in dessen Besitz und wurde den Herren von Maienowe (Berthold von Maienowe erwähnt 1242 und 1257) und später den Edlen zu Langenstein als Lehen aufgetragen. Die Insel wurde 1271 von dem auf der Reichenau ansässigen Ministerialen Arnold von Langenstein eigenmächtig an den Deutschen Orden weiterverschenkt. Daraufhin wurden zwei seiner Söhne in den Orden aufgenommen. Im J. 1272 wurde hier eine Kommende (d. h. die Niederlassung eines Ritterordens) eingerichtet. Zur „Landschaft Mainau“ gehörten ab dem Jahr 1272 Allmannsdorf, Litzelstetten, Dingelsdorf und ab 1367 Dettingen und Wallhausen.

Im 16. Jahrhundert kam es zur Besetzung der Mainau durch österreichische Truppen nach dem sogenannten Öffnungsrecht (d. h. Nutzung eines Hauses oder der Stadt zum Schutz des Lehnherrn im Kriegsfall) während des Schmalkaldischen Kriegs (1546 bis 1547: Krieg Karls V. gegen den Schmalkaldischen Bund der protestantischen Fürsten). Im selben Jahrhundert wurde auf der Insel ein Wachturm errichtet. Der so genannte „Schwedenturm“ ist ins Jahr 1588 datiert.

Während des Dreißigjährigen Kriegs (1618 bis 1648) griffen am frühen Morgen des 12. Februar 1647 schwedische Truppen die Insel an und nahmen sie nach zwei Tagen durch ständigen Beschuss ein. Nach dem Westfälischen Frieden (1648) verwüsteten die Schweden 1649 die Insel und zogen mit Beute im Wert von 4,5 Millionen Gulden ab. Es ist ihnen nicht gelungen das oben erwähnte „Schweden-Kreuz“ mitzunehmen.

18. und 19. Jahrhundert. Nach langsamer Erholung vom Kriegsgeschehen begann der berühmte Baumeister des Deutschen Ordens Johann Caspar Bagnato im Jahr 1732 mit dem Bau der barocken Kirche St. Marien. Diese wurde 1739 geweiht. Bagnato wurde im selben Jahr mit dem Bau eines neuen Schlosses beauftragt. Nach siebenjähriger Bauzeit wurde das Deutschordenschloss 1746 vollendet. Der Architekt starb 1757 auf Mainau und ist in der Krypta der Kirche beigesetzt.

Großherzogtum Baden. Durch die Säkularisation 1806 unter Napoleon Bonaparte verlor der Deutschorden auch die Mainau. Die Deutschordenskommende wurde aufgelöst und fiel mit allen Besitzungen an das neu gegründete Großherzogtum Baden.

1827 kaufte der ungarische Fürst Nikolaus II. Esterházy die Mainau für 65.000 Gulden von Großherzog Ludwig I. von Baden. Er überließ 1830 die Insel seinem außerehelichen Sohn, Baron von Mainau. Von diesem kam die Mainau durch Kauf an die Erbin des Großherzogs Ludwig von Baden. Von derer Tochter Louise, die den schwedischen Grafen Douglas geheiratet hatte, erwarb im Jahr 1853 der badische Großherzog Friedrich I. die Mainau als Sommersitz.

1856 heiratete der Großherzog Prinzessin Luise von Preußen. Sie wurden die Urgroßeltern von Graf Lennart Bernadotte. 1907 verstarb Friedrich I. 81-jährig auf der Mainau. Die Insel fiel im selben Jahr an seinen Sohn, Großherzog Friedrich II. von Baden. Am 9. August 1928 verstarb Friedrich II. von Baden. Da er kinderlos war, vermachte er die Insel seiner Schwester Viktoria von Baden. Diese hatte bereits 1881 den Kronprinzen Gustav von Schweden und Norwegen, seit 1907 Gustav V. König von Schweden, geheiratet; so gelangte diese Erbschaft 1928 in den Besitz des schwedischen Königshauses. Die Mainau fiel 1930 nach dem Tod Viktorias bestimmungsgemäß an ihren jüngeren Sohn Prinz Wilhelm von Schweden. Dieser übertrug 1932 die Verwaltung der Mainau seinem 23-jährigen Sohn Prinz Lennart Bernadotte, der schon in seiner Jugend viele Sommerwochen auf der Insel verbracht hatte. Lennart stellte sich der Herausforderung und fand Gefallen daran, die Mainau wieder als Blumenparadies herzustellen.

Die weitere Geschichte der Insel Mainau ist mit der Geschichte der Familie Bernadotte aufs Engste verbunden, und diese ist den Konstanzern und anderen Anrainern der Insel Mainau als Zeitgenossen seit Jahren aus Medienberichten gut bekannt.

Die Natur

Der Weg für die Besucher der Insel (man könnte ihn auch „Lehrpfad“ nennen) ist didaktisch so angelegt, dass der neugierige Besucher auf einem Rundgang alles, was da wächst und blüht und alles, was noch zur Verwaltung und Pflege des Garten-Paradieses gebraucht wird, aus nächster Nähe sehen kann. Noch ziemlich am Anfang begrüßten uns Riesen-Mammutbäume, auch Urwelt-Mammutbäume genannt (Sequoiadendron giganteum), die eine Allee bilden. Rechter Hand befindet sich das Mainau-Kinderland (Spielplatz). Darauf blickten uns überlebensgroße Blumen-Figuren, riesige Phantasieblumen und Enten und ein riesiger Pfau entgegen – bewundernswerte Anfertigungen der Gärtnerkunst. In der Verlängerung des Weges schritten wir auf dem Platanen-Weg; die Bäume sind zur Zeit noch fast ohne grüne Zweige. In kleiner Entfernung ist ein Insekten-Garten platziert. Schräg links konnten wir in einer gewissen Entfernung das Schmetterlingshaus (mit bis zu 80 verschiedenen Schmetterlingsarten) sehen. Der Architekt hat dem „Haus“ eine Schmetterlingsform verliehen. Die bunten Tulpen-Felder links oder rechts des Weges erwähne ich hier nicht im Einzelnen. Eine besondere Aufmerksamkeit zog ein Weinberg auf sich. Es ist eine vorzeigbare Parzelle, von der reiner Bio-Wein geerntet wird. Auf dem Weinberg-Abhang auf der südwestlichen Inselseite ragt der sogenannte Schwedenturm etwa zwanzig Meter in die Höhe. Das grüne Herz der Insel ist das Arboretum – eine „Ver“-Sammlung verschiedener Baumarten. Das Restaurant Schweden-Schenke ließen wir links liegen und gingen am Gärtnerturm und am Sonja-und-Lennart-Bernadotte-Platz vorbei ins Schlosscafé. Hier stärkten wir uns mit Kaffee und Kuchen und genossen bei anregenden Gesprächen die gehobene Atmosphäre. Unsere Besichtigung war hiermit zwar nicht geadelt, aber veredelt.

Nach der Einkehr versammelten wir uns an der Rückseite des Schlosses, neben der Schlosskirche, und Heide zeigte uns wo, in welcher Etage wer arbeitet oder wohnt und schläft.

Danach führte uns der Gartenpfad absteigend hinunter in die Nähe des See-Ufers. Besonders zu erwähnen ist die Gedenkstätte für die französischen Gefangenen, die aus dem Lager Dachau nach dem Kriegsende hierher gebracht worden waren und hier, krank und körperlich geschwächt, starben. Nennen muss ich noch den Ufergarten mit Bodensee-Relief, geschaffen aus blauen Blumen auf der grünen Wiese. Zum Schluss sei noch die Italienische Blumen-Wassertreppe in einer Steillage genannt.

Wenn jemand sich den Garten Eden vorstellen will, dann soll er die Insel Mainau mit einer kompetenten Führung, wie wir sie hatten, besuchen.

Soziales

Dass die Insel Mainau als „Blumenparadies“ gepflegt wird und der breiten Öffentlichkeit zugänglich ist, hat schon, trotz des gediegenen Eintrittspreises, einen sozialen Wert, um nicht zu sagen einen Bildungswert für alle. Hier wird nahe erfahren, welche Früchte der Schönheit die Natur im Gespann mit der Arbeit des Menschen hervorbringen kann. Eine intensive Bebauung und Pflege des Gartens binden viele Arbeitskräfte an sich, was dann wirtschaftliche und soziale Folgen für die dort Beschäftigten hat. Dass die Verwaltung der Insel in der Gartenpflege Natur schonende Methoden anwendet, ist heutzutage gesellschaftlich hochrelevant. Außerdem ist in die Arbeit auf der Insel ein Interkultureller Schulgarten integriert.

Dass Graf Lennart und Gräfin Sonja Bernadotte die Insel und alle ihre Liegenschaften am 13. Dezember 1974 in die nach ihm benannte Lennart-Bernadotte-Stiftung einbrachten, um Erbstreitigkeiten mit den Kindern aus Graf Lennarts erster Ehe zu vermeiden und sein Werk „Insel Mainau“ für die Zukunft zu sichern, hat einen vorbildhaften sozialen Wert.

Die Teilnehmer danken Heide Trommer für die Führung und der Familie Detlef und Bärbel Zilz für die Teilnahme-Organisation ganz herzlich.

Bericht: Franjo Kovačić

Fotos: Bärbel Zilz, Franjo Kovačić, Heide Trommer

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